Medienberichte, die sich positiv über Veganismus äußern, sind in der Flut der Mangelernährungspropaganda noch immer eher selten, aber immerhin nicht mehr allzu außergewöhnlich.
Wenn aber ein positiver Artikel über Tierrechte und sogar Tierbefreiung mit Sätzen wie
Die Gesetzestexte lesen sich, als hätte sie jemand geschrieben, der Tiere zwar ganz gerne isst, aber niemals mitansehen könnte, wie eines von ihnen stirbt.
Was gebührt dem Tier? So recht scheint sich unsere Gesellschaft nicht entscheiden zu können. Aber auffallend ist, dass sich immer mehr Menschen Gedanken darüber machen, ob es moralisch verantwortbar ist, Tiere massenweise auf brutalste Art zu vernichten, damit an jedem Tag der Woche Fleisch auf dem Tisch steht. [...]
Wer einen Willen zum Leben hat, sollte nicht von anderen Lebewesen getötet werden[...]
Es gibt kein Recht des Menschen an anderen Tieren.[...]
„Sklaverei wird nicht ethisch vertretbarer, indem man die Bedingungen der Sklaven verbessert.“ Es sind solche Sätze, bei denen man schlucken muss. [...]
Denn was sollte begründen, dass Menschen ihrerseits vor Eingriffen in ihre Freiheit und ihr Leben geschützt sind, aber über das Leben anderer Lebewesen frei verfügen dürfen? [...] Wer Schmerz spüren kann, sollte allein deswegen ein Recht auf Leidensfreiheit und auf körperliche und psychische Unversehrtheit haben. Wer zu Todesangst in der Lage ist, einen Willen zum Leben zeigt, hat ein Recht darauf, dass andere Wesen ihm dieses nicht einfach rauben. Zumindest einsichtige Wesen sollten das nicht tun.
in einem Magazin der Bundeszentrale für politische Bildung(!), also einer Behörde des Bundesinnenministeriums, gedruckt wird, ist dies sicher ein deutliches Zeichen, dass wir der der Etablierung einer veganen Gesellschaft ein gutes Stück näher gekommen sind.
Und auch ein weiterer, eher unscheinbarere Satz des Artikels ist in diesem Zusammenhang bemerkenswert:
Szenen wie diese haben Stößer zum radikalen Veganer werden lassen.
Bemerkenswert deshalb, weil der Autor hier irrt: denn vor zwei Jahrzehnten spielten sich "Szenen wie diese", was er und viele andere sich inzwischen nicht mehr vorstellen können, nur im Verborgenen ab - heute dagegen kommt niemand mehr darum herum, das "Wir haben nichts davon gewusst" wird von Tag zu Tag unglaubwürdiger.
Eine "neue Bewegung" sei es. Es sind Organisationen wie "Bauernhöfe statt Agrarfabriken", die sich gegen die Massentierhaltung aussprechen und für mehr Tierschutz einsetzen. Über diese Bewegung wird behauptet, sie erhebe Foers Buch Tiere essen, das zu "bewussterem Fleischkonsum" (O-Ton) aufruft, zum "Manifest". Von außen werden sie als gute Bürger proträtiert, die um die Bauern (nicht: Landwirte) und deren Existenz besorgt sind und natürlich auch um die Tiere. Denen gehe es in den "Agrarfabriken" schlecht und sie hätten es auf Bauernhöfen – wie auch immer die aussehen sollen – besser.
Die Gegner antworten, die Höhe des Tierschutzes hänge nicht von der Anzahl der Tiere bzw. der Größe des Betriebs ab. Auch bei großen Betrieben könne es den Tieren gut gehen und auch in kleinen Betrieben komme es nicht selten zu Verstößen gegen das Tierschutzgesetz. Man müsse nicht die Anzahl der Tiere pro Betrieb verringern, sondern nur die Betriebe entsprechend den Tierschutzvorgaben bauen und dann hätten es die Tiere gut.
Sie liegen beide falsch.
Das Problem an der Massentierhaltung ist nicht der erste Wortbestandteil, sondern der zweite. Der erste Wortbestandteil ist willkürlich. Ab welcher Anzahl fängt "Massentierhaltung" an? Wenn man bedenkt, dass die natürliche Gruppegröße von Hühnern bei acht Tieren liegt, ist eine sog. Biohaltung mit 10.000 Tieren oder eine sog. Freilandhaltung mit 3.000 Tieren schon lange eine Massentierhaltung. Bauernhöfe mit acht Hühnern, die den deutschen Eikonsum zu decken versuchen, wird es nicht geben.
Doch besser geht es den Tieren sicherlich, so der Einwand. Auch hier Enttäuschung. Biohaltung bezieht sich in erster Linie auf die Nahrung, die bio sein soll. Das bedeutet, dass die Tiere gesünder sterben. Ob das ein Trost ist? Wenn ein Schwein im Schlachtraum steht und durch den Geruch der ausblutenden Artgenossen in Panik gerät, wird es aller Wahrscheinlichkeit nach nicht durch den Gedanken beruhigt, dass seine Nahrung die Biorichtlinien erfüllt hat. "Alternative" Haltungsformen wiederum bedeuten, dass die Ställe anders aufgebaut sind. Das heißt nicht, dass die Tiere nicht leiden würden, sondern nur, dass sie anderes leiden. Dank der unermüdlichen Arbeit von Tierschutzorganisationen dürfen sich Hühner, seit die Legebatterien verboten wurden, darüber freuen, ein wenig mehr Platz zu haben. Mehr Platz für mehr Kannibalismus, mehr Infektionskrankheiten, mehr Parasiten, mehr Lungenkrankheiten durch mehr Ammoniakbelastung, letztlich: mehr Platz für mehr Tote (denn die Todesraten sind in sog. Boden- und Freilandhaltungen höher). 1 Neue Videoaufnahmen aus "Alternativhaltungen" zeigen, dass der Unterschied auch des äußeren Zustands der Tiere im Vergleich zu Käfighaltung verschwindend gering ist. Die Bilder zeigen fast federlose Hühner, verwesende Leichen, offene Wunden. "Alternativ" daran ist nur die Methode des Quälens, nicht das Prinzip. Das Prinzip lautet weiterhin: Tiere sind nutzbare Maschinen. Das gilt unabhängig davon, wieviele Quadratzentimeter Platz, wieviel "Auslauf" oder welche Nahrung sie bekommen.
Organisationen wie "Bauernhöfe statt Agrarfabriken" geht es vornehmlich um eines: an der Tierausbeutung festzuhalten. Es ist nicht nur die Bewegung gegen die Massentierhaltung, sondern auch die Bewegung gegen Tierrechtler und Veganer. Die bezeichnen es nämlich als absurd, die Versklavung von Tieren "verbessern" zu wollen. Was ethisch falsch ist, gehört abgeschafft. Das Positionspapier Massentierhaltungsgegner verrät dagegen, wofür sie stehen: "Für eine zukunftsfähige und nachhaltige Nutztierhaltung". 2 Was danach kommt ("auf bäuerlichen Betrieben – gegen Agrarfabriken!"), ist nur Anhang. Der Grundsatz ist die Haltung von "Nutz-Tieren", die nicht nur so heißen, sondern entsprechend behandelt werden. Und wer nutzt, muss verwerten und entsorgen. Auch auf Tiere von sog. Bauernhöfen wartet am Ende der Stahlbolzen oder das Gas oder der Strom und danach: das Messer. Auch hinter der romantischen Bauernhofidylle verbirgt sich ein blutiges Geschäft.
Die zentrale Frage der Ethik ist der Tod, nicht das Leiden. Das sehen wir bei Diskussionen um Sterbehilfe. Niemand plädiert dafür, dass assistiertes Sterben schnell und schmerzlos gehen müsse. Das ist selbstverständlich. Diskutiert wird über das Ob, nicht über das Wie. Das Tötungsverbot ist in der Humanethik ein "fundamentales und unaufgebbares moralischs Prinzip" (J. Ach). Eine Person zu töten, selbst wenn sie offensichtlich nur noch leidet, bedarf umfassender Begründung – wenn diese Person ein Mensch ist. In der Ethik über nichtmenschliche Tiere gilt es dagegen als radikal, wenn Tieren ein Lebensrecht zugesprochen wird. Die Tierschützer – die nicht die Tiere schützen, sondern die menschlichen Interessen an ihnen – und die Massentierhaltungsgegner versuchen diese Frage immer noch auf dem Kopf stehend zu beantworten und präsentieren als "Lösungen" für die ethische Frage kleinere Ställe und "schonendes Schlachten". Auf dem Kopf stehend, denn sie beantworten nicht die Frage, ob man Tiere einsperren und töten darf, sondern nur wie. Eine Rechtfertigung dafür geben sie bei all ihren Protesten gegen die Massentierhaltung nicht.
"Bauernhöfe statt Agrarfabriken" ist eine falsche Alternative. Die richtige lautet "Veganismus statt Tierausbeutung". Denn im Schlachthaus sind tote Bio-Tiere und tote Bauernhof-Tiere vor allem eines: tote Tiere.
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1 Ausführliche Quellen in: Der größte Sieg des Tierschutzes – Das Verbot der Legebatterien und seine Folgen [26.11.2010].
2 bauernhoefe-statt-agrarfabriken.de/positionspapier [26.11.2010].
In der spanischen Region Katalonien wurde durch eine Parlamentsabstimmung mit knapper Mehrheit der Stierkampf ab 2012 verboten. Die Tierschützer jubeln, ohne die Hintergründe dieses angeblichen "Erfolges" zu beachten. Das hat fatale Folgen.
Von den vielen Zeitungsmeldungen dazu waren hingegen zumindest einige kritisch. 1 Der eigentliche Grund für dieses Verbot, so wird berichtet, ist die Politik. Katalonien hat separatistische Tendenzen und wollte sich "Nation" nennen, was vom Verfassungsgericht vor wenigen Wochen abgelehnt wurde. Es hatte außerdem Kataloniens Autonomiestatus beschnitten. Der Stierkampf wird als etwas National-Spanisches angesehen, daher kam diese Möglichkeit der Abrechnung gelegen. Die aktuell regierende Partei (PSC), die eigentlich stierkampffreundlich war, ist "eingeknickt", weil sie um ihre Wiederwahl fürchten muss, wenn sie nicht anti-spanischen zeigt. Eine ähnliche Tierquälerei, der "Correbous", bei dem Stiere mit brennenden Teerkugeln an der Hörnern durch die Straßen gehetzt werden, sich schwere Verletzungen zuziehen oder an Herzversagen sterben können, wurde nicht verboten, da es nicht als spanisch angesehen wird. Er wurde vom neuen Gesetz ausdrücklich ausgenommen. Wirtschaftlich stand der Stierkampf in Katalonien ohnehin vor dem Ende. Es gab nur noch eine Arena in Barcelona, die 2009 lediglich 18 Stierkämpfe veranstaltet. Mit Tierschutz hatte dieses Verbot also praktisch nichts zu tun.
"Egal, wodurch es abgeschafft wurde, zumindest werden diese Tiere nicht mehr umgebracht", mag man einwenden. Doch ist es nicht egal, denn so sehr erfreulich es für diese Tiere ist, führen falsche Analysen zu falschen Schlussfolgerungen, in diesem Fall: es wäre durch Tierschutzkampagnen herbeigeführt worden und sei ein signifikanter Erfolg.
Wie dargelegt war die Tierschutzargumentation lediglich der Vorwand für nationalistische Kleinkämpfe. Dagegen nehmen Aktivisten an, es wäre sinnvoll gewesen, Tausende und Abertausende Personenstunden in die Proteste gegen solch kleine und schwache Randbereiche zu investieren. Die Deklaration als "Tierschutz-Erfolg" (wäre es um Tierschutz gegangen, hätten die Correbous mit abgeschafft werden müssen, statt ausdrücklich ausgenommen zu sein) führt dazu, dass die Aktivisten glauben, diese Kampagnen hätten Wirkung gezeigt und werden in Zukunft weiterhin Energie in Kampagnen gegen Randbereiche investieren, anstatt sich endlich dem Kern des Problems, dem Unveganismus der Menschen, zuzuwenden.
Daneben ist es auch eine Frage der Effektivität. Und die ist miserabel, wie bei allen Randbereichen. Bei den verbliebenen 18 Stierkämpfen pro Jahr (Tendenz war fallend) werden insgesamt etwa 100 Stiere getötet. Noch einmal: jahrelange Proteste und Abertausende Personenstunden Aktivismus und am Ende rettet man nur 100 Tiere. Soviele Tiere jährlich haben weniger als drei einzelne Nicht-Veganer auf dem Gewissen. 2 Weniger als drei einzelne Personen. Wäre alle diese Energie, die für Proteste gegen Stierkampf aufgeboten wurde, in Aufklärung über Veganismus und Tierrechte investiert worden, hätte man mindestens einige Hunderte Menschen vom Veganismus überzeugen können. Nur sechs neue Veganer wären ein doppelt so großer, nur neun ein dreimal so großer Erfolg und bereits mit einem Bruchteil der Aktivität, die in dieses Thema investiert wurde, erreichbar gewesen.
Natürlich war und ist der Stierkampf gerade für Tierschutzorganisationen ein attraktives Ziel, ähnlich wie "Pelz" oder andere Randbereiche. Der Großteil der Bevölkerung lehnt diese Tierausbeutungsformen bereits aus dem einfachen Grund ab, weil er nicht involviert ist. "Pelz" ist als Luxusprodukt verpönt und die Stierkämpfe werden in Katalonien, wie erwähnt, aus nationalistischen Gründen abgelehnt und waren wirtschaftlich fast am Ende. Noch mehr gilt dies für die Kampagnen, die von nicht-spanischen Tierschutzorganisationen betrieben werden, denn im nicht-spanischen Ausland (von Frankreich abgesehen) haben die Menschen erst recht nichts mit Stierkämpfen (oder Walfang oder "Robbenschlachten") zu tun und es fällt ihnen noch wesentlich leichter, es mit Empörung abzulehnen. Mit anderen Worten: die Kampagnen gegen den Stierkampf rennen offene Türen ein, vermitteln den unveganen und empörten Personen das Gefühl, etwas "für die Tiere getan" zu haben, und fördern damit ihre Bigotterie, sich über das Quälen und Töten von Stieren aus purem Vergnüngen zu echauffieren, während sie selbst aus purem Vergnügen (und Bequemlichkeit) Hühner, Rinder, Schweine und andere Tiere für ihre täglichen Mahlzeiten quälen und töten lassen. Dieses Einrennen offener Türen zusammen damit, ein gutes Gewissen zu verschaffen, ist für die Tierschutzorganisationen natürlich eine wunderbare Möglichkeit, um Spenden zu generieren. Den Tieren insgesamt hilft es leider kaum.
Wie es einer der kritischeren Zeitungsredakteure formulierte:
So lange wir uns mit der Massentierhaltung abfinden, ist unsere Empörung über die öffentliche Hinrichtung von Kampfstieren nur ein scheinheiliges Entlastungsgefühl. Das beschlossene katalanische Verbot der corridas hat den Tierschutz auf der Welt nur unwesentlich vorangebracht.3
Für die 100 Stiere ist es ein Tierschutz-Erfolg. 4 Für den Aktivismus unter Beachtung der Effektivität ist es eine Katastrophe und ein wenig mehr strategisches Denken ist dringend notwendig, wenn eine vegane Gesellschaft ein realistisches Ziel werden soll. Wahrscheinlich wurden bereits mehr als 100 Tiere allein auf den Siegesfeiern zu diesem "Erfolg" von den Katalanen als Festessen serviert.
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1 "Katalonien verbietet Stierkampf: Es geht um Politik, nicht Tierschutz" (Spaniens Allgemeine Zeitung, 27.07.2010), "Todesstoß für den Torero?" (Süddeutsche Zeitung, 28.07.2010), "Sie sagten Stierkampf und meinten Madrid" (Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28.07.2010), "Das Stierkampfverbot ist scheinheilig" (Frankfurter Rundschau, 28.07.2010).
2 Bei durchschnittlichem Konsum, gemessen an deutschen Verhältnissen. Der spanische Verbrauch ist wesentlich höher als der deutsche (121 kg/Jahr in Spanien, 84 kg/Jahr in Deutschland an "Fleisch"). Insofern sind auch diese Zahlen eher noch zu gering, als zu hoch.
3 Frankfurter Rundschau, s. Anm. 1.
4 Da die Corrida-Stiere nach ihrem Tod verzehrt werden, sich die Höhe des "Fleisch"-Konsums durch dieses Verbot jedoch nicht ändert, ändert sich lediglich die Tötungsmethode, nicht die eigentliche Anzahl der Tiere.
„Wir versuchen größtenteils vegan, also ohne Fleisch und Milchprodukten zu kochen, damit es jeder essen kann“
(Salzburger Nachrichten, 30.10.09)
Im Flur gibt es Couscous und Linsen, rein vegan natürlich.
(LVZ-Online, 27.11.09)
einer Ecke im Erdgeschoss haben die Besetzer eine provisorische Küche eingerichtet, wo mittags und abends gekocht wird, und zwar ausschließlich vegan.
(Badische Zeitung, 24.11.09)
Zu den Artisten sind natürlich auch die Kochkünstler zu zählen, die schon ab der ersten Nacht die hungernden Besetzer mit köstlichen veganen Gerichten oder Crepes vom „autonomen Crepes-Stand“ versorgen.
(fudder, 18.11.09)
Die vegane Volxküche des Hörsaals ist noch warm
(nachrichten.at, 09.11.09)
Ob Wien, Leipzig, Freiburg oder Linz, fast überall gibt es Studentenproteste und fast überall wird vegan gekocht. Und das ist kein Einzelfall. Auch bei anderen Zusammenhängen - von Protestveranstaltungen wie den G8-Gipfel-Demos, über politische Kongresse wie den Bundeskongressen der Grünen Jugend bis hin zu lokalen Volxküchen - ist die Essensversorgung vegan.
Sicher liegt es zum Teil daran, daß auf alle Teilnehmer Rücksicht genommen werden soll und veganes Essen dabei der kleinste gemeinsame Nenner ist, aber dennoch machen die Veganer nur einen kleinen Teil der Teilnehmer aus und diese Rücksichtnahme ist somit nicht selbstverständlich. Die Ursache kann woanders vermutet werden. Es ist nicht nur Rücksichtnahme allein, sondern auch das Bewußtsein, daß Veganismus eine Frage der Konsequenz sozialer Proteste überhaupt ist. Wenn man gegen Unrecht demonstriert, kann man nicht glaubwürdig bleiben, wenn man dem Unrecht milliardenfachen Massenmords an Tieren durch die "Nahrungsmittel"-Industrie gleichgültig gegenübersteht. Veganismus ist nicht "nur" eine Ernährung (schon deshalb nicht, weil es den ganzen Lebensstil betrifft), "nur" eine Verweigerung (und erst recht kein "Verzicht") oder die Umsetzung der persönlichen Konsequenz, sondern es ist auch eine Protesthaltung an sich, ein gelebter Widerstand gegen tagtäglich millionenfaches Unrecht an Tieren, die nicht für sich selbst sprechen können. Jede vegane Handlung, wie es schon eine einzelne, betont veganen Mahlzeit ist, steht als Symbol dafür, wie man es besser machen kann: indem man seine Ernährung nicht auf das problemlos vermeidbare Leid und den unnötigen Tod der Tiere begründet. Es ist das Haar in der Suppe jedes Eßtischtäters, der meint, weil sich "alle" unvegan ernähren würden, müsse er sich nicht dafür rechtfertigen.
Daß der Veganismus durch solche - wenn auch kleine - Bemerkungen in Zeitungsartikeln über die Studentenproteste Beachtung findet, ist erfreulich zu sehen. Gerade aufgrund des positiv konnotierten Zusammenhangs, der in sonstigen Artikeln, in denen Veganismus erwähnt wird, selten zu finden ist - hier gibt es nämlich keine dümmlichen Kommentare über angeblichen Nährstoffmangel oder andere Unwahrheiten. Veganes Essen wird nicht als "ungesund" oder schlecht schmeckend diffamiert, sondern als ein akzeptierter Standard unter Menschen, die über den eigenen Tellerrand hinaussehen, dargestellt. Und das ist die richtige Richtung auf dem Weg zu dem, was der Veganismus einmal werden soll: eine Selbstverständlichkeit.
Trotz der verheißungsvollen Überschrift fällt diese erste, kleine Bestandsaufnahme nicht sehr positiv aus. Denn genau genommen ist beides noch nicht vertreten.
Es gibt zwar bereits international Parteien, die "für die Tiere" zu sein vorgeben ( "Partij voor de Dieren", "Animals Count", "PACMA - die Antistierkampfpartei" oder "Partei für Menschenaffenrechte"), allerdings ist das nur ein hübsches Aushängeschild. In Wirklichkeit betreiben sie den für die Tierrechte extrem schädlichen Tierschutz, legen keinen Wert auf die Forderung an ihre Mitglieder, Tierausbeutung selbst nicht zu unterstützen (sprich: vegan zu werden), sondern sind in erster Linie an Spenden interessiert. Genau das gleiche trifft in Deutschland für die "Tierschutzpartei" zu. Ironischer Weise liegt das Parteiprogramm der deutsche "Feministischen Partei", die augenscheinlich keine "Tier"-Partei ist, am nächsten an Tierrechtsvorstellungen - wobei man auch hier nach einer Umsetzung auf Parteiebene lange suchen kann.
Die großen deutschen Parteien haben - wie könnte es in einer speziesistischen Gesellschaft anders sein? - keinerlei Tierrechtsziele in ihren Programmen. Zwar "informieren" diverse Tierschutzorganisationen (auch solche, die sich fälschlicherweise als Tierrechtsorganisationen etikettieren) über angeblich tierrechtsrelevante parteipolitische Ziele bei CDU, SPD, FDP, Grünen und Linken, aber diese Ziele bestehen lediglich aus diversem Tierschutzunsinn: "Strengere Haltungsvorgaben" (als ob die Tiere nicht unabhängig von der "Haltung" ausgebeutet und ermorden würden), Verbot von "Affenversuchen" (was lediglich die Zahl der Versuche an anderen Tieren erhöht), Durchsetzung der Verbandsklage (als ob das Tier"schutz"gesetz, worauf sie sich berufen würden, Tieren helfen, statt ihre Ausbeutung legitimieren würde) usw. Eine Tierrechtspartei, die sich für das zentrale wirklich tierrechtlerische Ziel, die totale Abschaffung der Tierausbeutung statt deren Reform, einsetzt, gibt es weiterhin nicht. Wenn die Tierrechtler wählen gehen, werden sie also einmal mehr nur das kleinere dieser großen Übel zur Auswahl haben.
Einzig Veganismus hat sich in geringem Maße in der Politik niedergeschlagen. So gibt es mehrere Politiker, die nach (wenn auch schwer zu überprüfenden) Berichten vegan sein sollen ( Dennis Kucinich, Janez Drnovšek, Chamlong Srimuang und Hu Jia). Jedoch kann dabei oft vermutet werden, daß es sich nur um Veganköstler handelt, bei denen gesundheitliche Motive statt ethischen im Vordergrund stehen. Unter deutschen Politikern wurden bisher zwei Veganerinnen bei den Grünen entdeckt ( Ska Keller und Kathrin Henneberger). Gemeinsam ist all diesen Politikern aber, daß sie ihren Veganismus kaum bis gar nicht in ihre Politik einbringen. Bei den Grünen allgemein dominieren ohnehin eher umweltrelevante oder tierschützerische Aspekte - die Grünenspitze findet selbst Vegetarismus übertrieben (wobei auch das natürlich nicht viel besser wäre). Unter den Junggrünen sieht es ähnlich aus - lediglich bei der von Kathrin Henneberger mitinitiierten Umstellung der BuKos auf vegan wurde immerhin angesprochen, daß für Unveganismus übrigens auch Tiere sterben.
Neben den Parteien und Politikern gibt es im Bereich der Politik auch die Gesetzgebung. Hier hat (wieder im Gegensatz zu Tierrechten) Veganismus bereits Einzug in Gesetzestexte gehalten. So gibt das Schweizer Deklarationsgesetz eine Empfehlung für die Bezeichnung von Produkten mit dem Hinweis "vegan". So nötig eine sinnvolle und ausreichende Deklaration aufgrund der vielen verstecken Tierprodukte wäre, so unnütz ist dieser Vorschlag, denn er definiert "vegan" als "keine Zutaten tierischer Herkunft enthalten[d]" und ignoriert die Unveganität vieler Zusatzstoffe, Trägerstoffe und Produktionshilfsstoffe. Solange es noch unvegane Stoffe in der Produktion ansonsten pflanzlicher Lebensmittel gibt, sollte es daher auch Ziel der Politik sein, ein ordentliches Deklarationsgesetz (für die EU wie für die Schweiz) zu verabschieden, das die vielen jetzigen Lücken schließt. Es würde Veganern Arbeit ersparen und die Hersteller sehr effektiv dazu zwingen, unvegane Produktion zu veganisieren, denn selbst Nichtveganer würden viele unvegane Produkte ablehnen, wenn sie wüßten, wofür "Schlachtabfälle" weiterverwendet werden (Gelatine für Saft, Rinderfett für Aromen usw.).
Auf immer mehr Verpackungsetiketten finden sich "Vegan-Label", Zeichen, die vegane Produkte kennzeichnen sollen. Dies ist natürlich insofern ein enormer Fortschritt, als es zeigt, daß mehr und mehr Menschen vegan leben, so viele, daß die Hersteller es für nützlich halten, ihnen einen nicht unbeträchtlichen Teil der Verpackung (den sie schließlich auch anderweitig werbewirksam nutzen könnten) zu widmen, da sie sie als ernstzunehmende Zielgruppe erkannt haben. Dem tut es keinen Abbruch, daß es bei vielen dieser Produkte ohnehin vergleichsweise unschwer zu erkennen ist, ob das, was sich da in der Packung befindet, vegan ist, etwa purem Wasser, Reis oder Spinat. Wohl aber, daß sich solche Label (auch, aber wohl nicht nur, das "V-Label" der Europäischen Vegetarier-Union) nur auf den Inhalt, nicht auf die möglicherweise unvegane Verpackung bezieht.
Erfreulicher wäre es allerdings, wenn genau die als vegan gekennzeichneten Produkte auch wirklich vegan wären. Tatsächlich wird nicht nur der Großteil der veganen Produkte bislang nicht entsprechend gekennzeichnet (und das betrifft nicht nur unverpackte Lebensmittel wie Obst und Gemüse), darüberhinaus erhalten auch unvegane Produkte immer wieder fälschlich Vegan-Label. Statt naiver Euphorie angesichts sprießender Vegankennzeichnungen wäre es also angebracht, die Augen aufzumachen.
So hat auch Netto, ein Lebensmitteldiscounter der Edeka-Gruppe, mittlerweile einige seiner Produkte mit einem eigenen "Vegan-Label" (wohl da das "V-Label" respektive die "Veganblume" geschützt sind bzw. Lizenzgebühren kosten) versehen. Unter anderem auch den Weichweizengrieß. Während der Hartweizengrieß (der nur aus Hartweizen besteht und wohl vegan sein dürfte) das Zeichen nicht trägt - vermutlich werden die Verpackungen gerade umgestellt und dies sind noch ältere Packungen - enthält der Weichweizengrieß, wie deutlich ausgezeichnet ist, Molke - ist also entgegen der Kennzeichnung definitiv nicht vegan. Nur sind leider nicht alle unveganen Produkte, die als vegan gekennzeichnet sind, so leicht zu erkennen.
Hier stellt sich also die Frage, wozu solche absurden Kennzeichnungen gut sein sollen. Letztendlich sollte ein V-Label so überflüssig sein wie ein Label, das Zeitschriften am Kiosk als kinderpornofrei kennzeichnet.
[Nachtrag (5. September 2009): Aktuelles hierzu im Veganismusforum, u.a. weitere eindeutig oder potentiell unvegane Produkte mit "Vegan-Label".]
Vor einigen Jahren wurden Menschen, die sich für Tierrechte einsetzten, belächelt und nicht ernstgenommen. Keiner der professionellen Tierausbeuter hätte es damals in irgendeiner Weise für nötig erachtet, sich mit ihnen auseinanderzusetzen, denn das Mordgeschäft lief durchweg gut und in Anbetracht einer Vergangenheit mit Tausenden Jahren bar jeder Moral für nicht-menschliche Tiere bedurfte es keiner zusätzlichen Rechtfertigung ihres Tuns.
Diese Zeiten scheinen vorbei, denn was niemand erwartet (oder auch nur annährend für möglich gehalten) hätte, ist eingetreten: immer mehr Menschen dehnen ihre Moral auf nicht-menschliche Tiere aus. Nach diesem ersten Schock für alle, die vom Tod und Leid anderer leben, bemerken einige von ihnen erst jetzt, wie schädlich Ethik und Moral für ihr blutiges Geschäft ist. Zusätzlich stehen sie plötzlich unter Rechtfertigungsnot, denn Argumente, die ihre Morde rechtfertigen, haben sie bisher nie gebraucht und das, was sie sich jetzt kläglich zusammensuchen, endet argumentativ in Sackgassen, widerspricht sich selbst oder ist so lächerlich, daß sogar sie selbst die Wirkungslosigkeit bemerken.
Billige Indoktrination auf der Ebene von Kinderbüchern, die nicht nur gekonnt aussparen, sondern auch noch voller inhaltlicher Fehler stecken, gibt es schon länger. Neu hingegen sind aktive Maßnahmen. Daß ihre Bedrängnis zunehmend wächst, zeigen die jüngsten Beispiele von solchen "Gegenangriffen", durchgeführt von Organisationen, kleineren Verbänden oder Einzeltätern. (Nur die CMA kann leider nicht mehr mitspielen, seitdem ihre Finanzierung durch Zwangseinnahmen für gesetzwidrig erklärt wurde.)
Aktuell bemühen sich v. a. Einzeltäter darum, ihre "Tätigkeit" vor Kindern gutzustellen, denn, so wörtlich: "Es ist wichtig, dass die Kinder das wissen, schließlich sind das die Verbraucher von morgen." Was allerdings "das" ist, was sie wissen sollen, scheint für sie Interpretationssache. Hier ein paar Beispiele:
Der sechsjährige Elias zeigt sich vom Leben auf dem Bauernhof sehr beeindruckt: "Am besten waren die Babykatzen. Aber die Maschinen fand ich auch toll, denn ich bin ja selbst ein Erfinder!" Bezüglich der kleinen Katzen ist Alina (5) seiner Meinung. Sie faszinieren allerdings auch die Kühe. "Die sind so schön", sagt sie begeistert. ("'Die Kühe sind so schön!'", Allgäuer Zeitung, 19.06.2009)
Gestern konnten die Grundschüler mit den Tieren auf Tuchfühlung gehen: Küken und Kaninchen streicheln, Hähne krähen hören, Eier anfassen. Auf dem Hof konnten die kleinen Gäste landwirtschaftliche Technik bestaunen und zum Beispiel ins Führerhäuschen eines der riesigen Traktoren klettern. ("Schüler lernten viel beim Projekttag mit den Kleintierzüchtern", Märkische Allgemeine, 20.06.2009)
Die Kinder erkundeten das Leben und Arbeiten auf einem Bauernhof hautnah. Sie bestaunten die indischen Laufenten, die nur Nacktschnecken fressen und den Salat stehen lassen, streichelten Kater Peter und Berner Sennenhündin Cindy. Im Hühnerstall dann erklärte Petra Keidel den Kindern, wie die Hühner leben, wie sie gefüttert werden und woher die Eier kommen, bevor sie von einem Laufband in Schachteln verpackt direkt ab Hof oder in den Geschäften von Rimpar verkauft werden. Um den Geschmack der Eier zu testen, durften die Kinder gleich einmal die Eiern der Hühner kosten. ("Eier von glücklichen Hühnern", Mainpost, 22.06.2009)
Daß alle diese interessanten und "schönen" Tiere (Katzen, Kühe, Hühner, Kaninchen) nicht mehr lange leben werden, wurde wahrscheinlich nur aus Versehen vergessen zu erwähnen. Wir wollen schließlich nicht behaupten, sie würden hier absichtlich unangenehme Tatsachen aussparen.
Auch die "Erklärungen" eines Berufsmörders sind keineswegs einseitig:
Karsten Neumann, Revierförster für das Revier Krempendorf und für die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald im Einsatz, vermittelte den Kinder Wissenswertes über Artenschutz im Wald und erklärte angewandte Naturschutzprojekte: die Igelburg, Fledermausnistkästen, Tastboxen, Tafeln über heimische Pflanzen und Tiere, Vögel und Fische sowie Pilze, das Insektenhotel und vieles mehr. ("Schüler lernten viel beim Projekttag mit den Kleintierzüchtern", Märkische Allgemeine, 20.06.2009)
Denn was "wissenswert" ist, sollte man nicht so pauschal sehen. Natürlich fehlen auch hier die einen oder anderen Hinweise zu Tausenden erschossenen Tieren, die, damit die Population nicht sinkt, was das Erschießen erschweren würde, im Winter reichlich mit Nahrung versorgt werden (was natürlich weitere "gute Taten" sind). Daß potentielle "Konkurrenten" systematisch ausgerottet werden (Luchs, Bär), bei versuchter Neuansiedlung selbst gegen das "Artenschutzgesetz" erschossen werden (Wolf) oder am Rand der Ausrottung sehen (Fuchs), ist natürlich genauso wenig "wissenswert".
Die "Informationen" zu den "täglichen" Tierqualprodukten weisen ähnliche "Lücken" auf:
Als sich am nächsten Vormittag auch das letzte der sechs Küken mit seinem Schnabel aus dem Ei gepickt hatte und dabei die Hilfe einer Erzieherin mit der Pinzette genoss, machte es sich die gefiederte Sechser-Bande in einer Kiste mit Rotlicht und Wärmflasche gemütlich, ehe es auf die Reise auf den Bauernhof nach Heggen ging. ("Küken im Kindergarten", Der Westen, 18.05.2009)
Eine Woche lang können die Kinder die Küken in unserem neuen Kükenschaukasten bewundern.
Einmal am Tag ist streicheln angesagt. Gemeinsam mit den Erzieherinnen dürfen die Kinder die Küken in die Hand nehmen. Danach kommen Küken in die Zuchtanlage von Hermann Lakemann und werden dort bestimmt des öfteren vom Kindergarten Besuch bekommen. ("Brutmaschine im Kindergarten", GZV-Morsum, 29.06.2009)
Aber ganz sicher werden die Hühner das, denn die Kinder können zum Glück nicht sehen, daß es nicht mehr dieselben sein werden. Und von allen Anstrengungen, Kindern "den Weg ihres täglichen Essens" näher zu bringen, reicht der Abschnitt von der Geburt bis zum niedlichen, kleinen Küken völlig aus. Der Abschnitt, der bei "industrieller Zucht" (auch wenn das hier nicht der Fall ist) danach kommt und für die männlichen Küken schon nach wenigen Stunden im Müllcontainer endet und für die weiblichen nach einem Jahr Ausbeutung mit durchgeschnittenem Hals, bleibt auch ganz nebenbei unerwähnt.
Eigenartiger Weise gibt es nur solche "Berührungen" mit der "Kükenzucht". Als eine riesige "Zuchtbrüterei" in Betrieb genommen wurde, wie Anfang dieses Jahres, wurde keine Presse zugelassen wegen negativer "Berichterstattungen". Dabei könnte lediglich gezeigt werden, was real vorhanden ist und das ist doch angeblich völlig harmlos. Anscheinend ist die Verbreitung der Realität doch nicht so erstrebenswert, wie sonst immer versichert wird.
Es verwundert daher kaum, daß bei einem "Schlachtfest" den Kindern nicht gezeigt wird, wie die Tiere umgebracht werden (solche "Nebensächlichkeiten" sind schließlich unwesentlich). Ein "Streichelzoo" reicht völlig:
Auch an den Nachwuchs wurde gedacht. Heinrich Wächter vom Köcheclub bereitete mit Kindern die „Gelsenkirchener Designer-Kniffte”, ein Fleischbrät, das wie eine Waffel zubereitet und im Ciabatta-Brot mit Salat serviert wird, zu. Im Streichelzoo gab es Tiere, diesmal sogar am Stück und lebendig. ("Es geht um die Wurst", WAZ, 28.06.2009)
Gleichermaßen hat die Politik inzwischen die "Notwendigkeit" begriffen, aktiv Lügen und Halbwahrheiten zu verbreiten, um der Gefahr der ethischen Ernährung für die Tierausbeutungsindustrie entgegenzuwirken. Aktuell bezieht sich das auf eine Kampagne der Landwirtschaftsministerin, die zeigen will, "wie wichtig und gesund [Kuh-]Milch für die tägliche Ernährung ist". Mit anderen Worten: die nicht zeigen will, mit wieviel Tod dieses weiße Blut verbunden ist. (Sie erdreistet sich im Übrigen selbst zu Aussagen wie "Die Milchbauern pflegen mit ihren Kühen die vielfältigsten Lebensräume unserer Kulturlandschaften - Wiesen und Weiden mit den zahlreichen Pflanzen- und Tierarten". Wie sehr durch die Zubetonierung mit Ställen "Wiesen und Weiden" "gepflegt" werden, kann sich wohl jeder selbst denken.)
Die argumentative Bedrängnis solcher Propagandisten zeigt sich an Aussagen wie folgender:
Im Kuhstall erklärt Bäuerin Christine Rosskopf, warum nicht alle ihrer 18 Kühe Milch geben: "Erst wenn sie gekalbt haben, gibt es Milch." ("Die Milch kommt nicht aus dem Tetrapak", Augsburger Allgemeine, 26.06.2009)
Und damit ist die "Erläuterung" bereits an ihrem Ende. Zwar können sie nicht mehr verleugnen, daß die Kühe zwangsbesamt werden (daß es jährlich geschieht, wird hier allerdings nicht erwähnt), aber was dann mit den Kälbern geschieht, ist mal wieder nebensächlich.
Auch der Bauernverband hat Mitarbeiter und Mitglieder dazu aufgefordert, persönlich (und anonym) Propaganda zu betreiben. Das Eis wird dünner und dünner.
Sie alle bemerken offenbar nicht, daß sie das Unvermeidliche nur hinauszögern. Wenn ihren Propaganda- und Indoktrinationsopfern schließlich die "zufällig" vergessenen, weil unliebsamen Fakten nachgetragen werden, bricht ihre mühsam aufgebaute Fassade einer heilen Ausbeuterwelt unweigerlich zusammen. Denn auch der Anblick von tausend niedlichen Küken hilft nun einmal nichts, wenn sie dabei vergast auf einem Haufen liegen.
Klimaveganer seien Veganer, die (analog zu Klimavegetariern) nicht aus tierrechtsethischen Gründen keine Tierprodukte konsumieren, sondern dies aus Gründen des Klimaschutzes tun, meint ein Kommentator der Zeit (Maximilian Grosser, "Durch Fleischverzicht die Welt retten", 28. Juli 2008). Hierbei stellt er deutlich heraus, daß auch diesbezüglich Veganismus dem Vegetarismus ethisch haushoch überlegen ist:
Doch der Gedanke an die Rettung der Welt ist wieder da und zwar viel überzeugender als von den militanten Tierschützern. Eine neuer Typ von Fleischverweigerern entsteht: der Klimavegetarier. [...] Ein Fünftel des weltweiten Ausstoßes von Kohlenstoffdioxid geht laut FAO, der Weltagrarorganisation der UN, auf die Viehhaltung zurück, mehr als das Transportwesen zu verursachen vermag.
Knapp 200 Kilogramm des Klimagases CO2 spart der Klimavegetarier im Jahr durch Fleischverzicht. Der Klimaveganer legt noch eins drauf und vermeidet zusätzlich 450 Kilogramm CO2 durch Verzicht auf Milch und Käse nach Studien des Freiburger Öko-Instituts.
Klimavegetarier und -veganer sind hochgradig politisch. Kein Fleisch oder der generelle Verzicht auf tierische Produkte sichert sie nämlich mehrfach ab. Sie treten für den Tierschutz ein, dem Klima tun sie Gutes und sozial gerecht verhalten sich die Klimavegetarier auch. [...] Würden weltweit mehr Menschen auf Fleisch verzichten, müsste auch kein Regenwald für Weideflächen und Futtermittelanbau mehr vernichtet werden.
(a.a.O, meine Hervorhebungen)
Dennoch gibt es neben der fehlenden tierrechtsethischen respektive antispeziesistischen (und somit in der Regel egoistischen) Motivation einen weiteren negativen Aspekt: Zwar könnte die fleischlose Ernährung die Welt laut Klimavegetarier rein theoretisch retten. Doch bislang taugt sie noch nicht zur Weltrevolution. Denn der Fleischkonsum wird weltweit entgegen aller Vernunft steigen. Die indische und chinesische Gesellschaft kommt beispielsweise gerade erst zu Wohlstand und will Fleisch und Käse. [...]
Doch es gibt Hoffnung für den Klimavegetarier: Dass der Preis für Fleisch bald den steigenden Energiepreisen folgt. Dann wird sich bestätigen, dass der jetzige Fleischkonsum nicht mehr haltbar ist. Der Klimavegetarier wird dann ganz von allein zum Vorbild einer neuen Welt.
(a.a.O, meine Hervorhebungen)
Es gibt zahlreiche gesunde Veganer der zweiten Generation, also Menschen, die, da ihre Eltern bereits zum Zeitpunkt der Empfängnis vegan waren, vegan aufwuchsen (auch wenn so manche Pseudoveganer hier ein getrübtes Bild entstehen lassen dürften). Eine Tatsache, die Veganismusgegner gern leugnen - die aber nun schon in der Times nachzulesen ist:
If you would prefer to continue to be vegan, you can do so in the knowledge that there are many examples of healthy “second generation” vegans in this country - in other words, people who are now adults whose mothers and fathers were vegan at their time of conception and who were subsequently raised as vegan infants and children. [...] It is worth remembering that there are plenty of unhealthy omnivorous diets, and that a lot of infants in this country are being raised on diets that are too high in salt, saturated fats and sugars, so if you take your responsibilities seriously to eat a well-balanced vegan diet, you need not feel that you are doing anything wrong.
Amanda Ursell, "Vegan babies", The Times, 16. Juni 2008 (meine Hervorhebungen)
Von Bedeutung ist dabei nicht nur die Existenz lebenslanger Veganer an sich, sondern auch die Tatsache, daß mittlerweile immer mehr Menschen - wie hier die Ernährungsberaterin der konservativen Londoner Times - anerkennen müssen, daß die Erde keine Scheibe ist.
Es gibt immer mehr vegane Restaurants - auch und vor allem in den Medien: meist fiktive Orte der Absonderlichkeit, doch immerhin im allgemeinen Bewußtsein, von Kinderkrimiserien wie Shirley Holmes, die im "Fall der befreiten Tiere" (" The Case of the Liberated Beasts") u.a. in einem veganen Restaurant nach dem Täter sucht bis zu Erwachsenen-Comics wie Paige Braddocks "Jane's World", in der ein Teil der Nebenhandlung hin und wieder ins "Garden of Vegan" führt.
Der nicht immer subtile Humor so mancher "Comedy"-Serie mag nicht jeden Geschmack treffen, doch er ist wohl ein interesssanter Spiegel gesellschaftlicher Entwicklungen. Ein bemerkenswertes Beispiel war am 20. Januar 2008 in Sat1 zu sehen. Der "Comedian" Martin Schneider spielte in "Maddin in Love" einen "Tierpfleger" im Zoo(!), inklusive massiver Zoo- und sogar ein wenig Tierversuchspropagana. Maddin war zum Abendessen eingeladen, dabei entspann sich folgender Dialog:
Sie: Möchten Sie vielleicht noch etwas Suppe?
Er: Nee, danke. Ich lass' noch e' bißche' Platz für'n Hauptgang.
...
Sie: Ich hoffe, Sie mögen Filet Stroganoff?
Er: Ja ... also, wenn kein Fleisch dran is'.
Sie: Doch, schon. Filet halt. Also, vom Rind, kein Schwein.
Er: Aber des is' e'n Problem. Weil, ich bin eine besondere Form von Veganer. Ich ess' eigentlich nur Sache', die allein vom Baum gefallen sind [wie etwa o.g. Suppe?, AS]. Weil, Pflücke' is' auch schon Gewalt.
Sie: Also ich hab', ähm, verschiedene Beilagen da, die sind jetzt nicht direkt vom Baum gefallen, aber ...
Er: Des war schon in meiner Kindheit schon so. Da hab' ich mal die Geschichte von Nils Holgersson und die Wildgänse gelese', danach konnt' ich kein Geflügel mehr esse'.
Sie: Das kenn' ich. Ich hab' seit Winnetou III auch keinen Apachen mehr angerührt.
Er: Wie meine' Sie des?
Sie: Als Scherz!?
Er: Ah, des war gut, ja!
Allzuweit her war es mit Maddins "Veganismus", vom Fallobst-Fruktarismus ganz zu schweigen, auch weiterhin nicht. In der (am gleichen Tag ausgestrahlten) nächsten Folge servierte ihm der italienische Kellner "eine große Scholle" statt der bestellten "Gnotschis" (vermutlich aus vom Baum gefallenen Kartoffeln und Eiern). Diese ließ er zurückgehen mit der Begründung: "Aber ich vertrag' keine Scholle."
Nun wäre eine (wenig originelle) Veralberung von "Veganern" nicht unbedingt eine Erwähnung auf vegane-gesellschaft.de wert - wäre es nicht wenige Stunden später auf eben jenem Sender erneut um Veganismus gegangen: Sechserpack, 20. Januar 2008 (Erstsendung 2004, Maddin hätte den Rat bezüglich Einladungen darin also beherzigen können):
Zwei Leute sitzen im Park auf einer Bank, sie ißt etwas aus einer Tüte, er liest Zeitung. Blickkontakt.
Sie (rückt näher): Möchten Sie vielleicht 'n Keks?
Er (kopfschüttelnd): Vielen Dank, ich bin Veganer.
Sie: Nein, da ist ja kein Fleisch drin, das sind ja -
Er: Nein, -
Sie: ... Waffeln.
Er: ... Veganer, nicht Vegetarier. Ich esse gar keine tierischen Produkte, keine Milch, kein Käse, keine Eier, keine Sahne.
Sie: Ach. Also das stell' ich mir aber schwierig vor.
Er: Naja, es erfordert natürlich schon 'ne gewisse Willensstärke. Schauen Sie, in der Mittagspause, da gehe ich zum Beispiel nie mit in die Kantine. Da weiß ja nicht mal der Koch was alles drin ist.
Sie: He, he, wem sagen sie das?
Er: Oder bei Einladungen, da sollte man dem Gastgeber vorher schon 'ne Liste schicken, wo drauf steht, was man will. Naja, und oft verschenken Leute ja Selbstgebackenes. Also wenn das nicht streng vegan ist, dann bin ich aber auch so ehrlich und geb' das wieder zurück.
Sie: Oah, also ich glaub', das könnt' ich nich'.
Er: Naja, ich kann nur sagen, man merkt das sofort.
Sie: Ja?
Er: Ja. Seitdem ich konsequent so lebe, habe ich keine Verstopfung mehr, keine Pickel mehr, keine Kopfschmerzen mehr. Moment, hab' ich irgendwas vergessen ...?
Sie: Mannomann, da müssen Sie aber echt tolerante Freunde haben, was?
Er: Ach ja, das war's. Freunde hab' ich natürlich auch keine mehr. Dafür aber 'nen wirklich tollen Stuhlgang.
Zwar kommt Veganismus dabei wenig überraschend nicht besonders gut weg - die Phase des Ignorierens haben wir hinter uns, mittlerweile sind wir bei den Phasen des Auslachens und der Bekämpfung angekommen, die der des Gewinnens vorausgehen - aber eines ist sicher: die Präsenz des Veganismus im Alltag nimmt stetig zu.
Das Umweltbundesamt (UBA) bestätigt:
"Die rechnerisch einfachste Lösung wäre, wenn alle Menschen sich ab sofort vegan ernähren würden."
Zwar bezieht sich das nicht auf tierrechtsethische Fragen oder Antispeziesismus, sondern Klimaschutz (weil "Die Abgase einer einzigen Milchkuh [...] in etwa so klimaschädlich wie die eines Kleinwagens, der 18.000 Kilometer im Jahr gefahren werde" seien, Stichwort Treibhausgase, v.a. Lachgas auf Gülle und Methan aus dem Verdauungsprozeß von Rindern), und der hier von Spiegel online zitierte "UBA-Experte" Dietrich Schulz behauptet sogleich abschwächend, "dass ein Verzicht auf Viehhaltung die Landwirtschaft existentiell bedrohen würde" (weil Veganer sich ohne Landwirtschaft ernähren, indem sie durch die Wälder streifen und an Baumrinden nagen?) - vermutlich wurde ähnlich auch früher die Sklavenhaltung gerechtfertigt - und empfiehlt einen (tödlichen) "Kompromiss", nämlich "die mediterrane Ernährung. Ein Italiener beziehe nur etwa 25 Prozent seiner täglichen Kalorienaufnahme aus tierischen Quellen, die Deutschen dagegen bei 39 Prozent."
Doch daß die zentrale Umweltbehörde der Bundesrepublik Deutschland und somit ein Bundesministerium (das für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, zu dem das UBA gehört) eingesteht, daß Veganismus die beste Lösung für ein Problem ist, wäre noch vor wenigen Jahren undenkbar gewesen.
(Quelle aller Zitate: "WWF fordert Steuer auf Kuh-Abgase", Spiegel online, 05. November 2007)
Auf der Internetseite des "Duden" ist das heutige "Wort des Tages" - Veganismus:
1. Ve|ga|nis|mus, der; -: ethisch motivierte Ablehnung jeglicher Nutzung von Tieren und tierischen Produkten.
Letzten Dienstag (24. April 2007) war in der Frankfurter Rundschau ein halbseitiger Artikel zu lesen, Titel: "Aus Liebe zum Tier". Und tatsächlich war das kein Text über die "radikalen und abgefahrenen Veganer, die nicht mal Milch trinken" sondern es wurde mit vielen Vorurteilen gegenüber Veganismus aufgeräumt, vor allem natürlich, was die angeblich drohenden Mangelerscheiungen angeht. Dazu wurde mit der American Dietic Association eine durchaus seriöse Organisation zitiert, ebenso der deutsche Ernährungswissenschaftler Leitzmann. Die Motive für ein veganes Leben kamen zwar leider viel zu kurz (das meiste war mit dem Titel bereits gesagt ), aber die Aussage des Artikels war ganz klar: vegan zu leben ist möglich und wird von immer mehr Menschen praktiziert. Bleibt zu hoffen, daß diesem Artikel noch viele weitere folgen werden, auch zu den Motiven.
Während dank massiver Subventionen für Tierausbeutungsprodukte (ohne diese würde ein Liter Drüsensekret im Laden ein Vielfaches der Pflanzenmilch kosten) den ethisch Minderbemittelten zugutekommt, bahnt sich in den Niederlanden zumindest in einem Teilbereich eine Wende an. Mit der dortigen Gesundheitsreform Anfang des Jahres gibt es nun zunehmen Spezialpolicen für Menschen, die gesund leben. Die Pflichtversicherung (private wurden abgeschafft) ist somit für Konsumenten diverser legaler Drogen und eben Leichenfresser höher. Begründet wird das ganze mit Statistiken, wonach Vegetarier, Nichtraucher und Nichttrinker gesundheitsbewusster leben, weniger häufig krank sind und daher auch weniger oft einen Arzt aufsuchen. Geplant ist die Ausgabe so genannter kollektiver Versicherungspolicen - etwa der "Vegapolice" - für die genannten Bevölkerungsgruppen. Ihre Prämien sollen um bis zu zehn Prozent niedriger sein als die gewöhnlicher Krankenversicherungen.
Natürlich bleiben die Gesundheitsgefahren durch Milch, Eier und Honig - von Ehec bis zum plötzlichen Kindstod - noch außen vor, von ethischen Aspekten ganz zu schweigen. Aber immerhin wird dort bald niemand mehr Körperfressen als gesund bezeichen können, ohne sich völlig der Lächerlichkeit preiszugeben.
Derzeit setzen die Anbieter der geplanten Sonderversicherungen naiverweise noch auf die Ehrlichkeit der Menschen. Sollte sich - wenig überraschend - mit der Zeit aber herausstellen, daß sich Drogen- oder Leichenkonsumenten widerrechtlich die günstigeren Krankenversicherungstarife erschleichen wollen, indem sie über ihr wahres Konsumverhalten falsche Angaben machen, dann planen die Versicherer als Gegenmaßnahm Bluttests vor der Aufnahme.
(Quelle: "Für Vegetarier wird die Versicherung billiger", Stuttgarter Zeitung, 19. 09. 2006)
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